Mittwoch, 2. Juni 2010

Die SONNENBLUME


Die Sonnenblume

An einem der schönen Sonnentage, die das Jahr schenkt, machte sich ein Bär zu einem Spaziergang auf. Die Vögel zwitscherten munter ihre Weisen und überall roch es nach Sommer. Mal ging der Weg bergauf, dass es dem Bären schwer fiel, eine Tatze vor die andere zu setzen und mal ging es bergab, dass er aufpassen musste, nicht zu stolpern. Seine Augen sogen förmlich die Schönheiten am Wegesrand auf und fachten die Neugier an, immer mehr zu entdecken. Unterwegs stärkte er sich mit allerlei Beeren und ein wenig Honig, dass er einem Bienenvolk stiebitzte.
Es war wohl um die Mittagszeit, als er an einem Feldesrand eine Sonnenblume erspähte. Majestätisch erhob sie sich aus dem grünen Teppich, der üppig das Feld umsäumte. Fasziniert blieb der Bär stehen und besah sich das kleine Wunderwerk der Natur. Ganz vorsichtig berührte er mit seinen riesigen Tatzen die zarten Blätter und streichelte sie sanft.

Er legte sich in den Schatten der Blume und es sah so aus, als hinge sie am Himmel und strahlte mit ihrer Schönheit die Erde an. Das sanfte Säuseln des Windes und die Melodien einer Lerche machten den Bären schläfrig und er zog sich in mancherlei Träumerei zurück. Am späten Nachmittag wachte er aus wohligem Schlaf auf und nahm sich fest vor, die Sonnenblume am folgenden Tag wieder aufzusuchen.
Die Tage zogen ins Land und je öfter er die Sonnenblume besuchte, desto mehr wollte er sie ganz besitzen. So geschah es, dass er sie samt Wurzeln ausgrub und in seine Höhle brachte. Dort suchte er den schönsten Platz für sie aus. Es sollte der Blume an nichts fehlen und so besorgte er Erde, in der er das Wurzelwerk einhüllte und Wasser, welches er vorsichtig auf die Erdkrumen träufelte. Nur den Sonnenschein konnte er nicht einfangen, so sehr er sich auch mühte.

Über die Zeit wurde die Sonnenblume immer kraftloser. Die Blätter hingen traurig herunter und der Blütenkopf senkte sein Haupt. Dem Bären entging nicht, dass es seiner großen Liebe Unbehagen bereitete, in der dunklen Höhle zu leben. Geblendet von seinen Gefühlen suchte er, Abhilfe zu schaffen. Er suchte den besten Mutterboden und schöpfte das frischeste Wasser. Tag und Nacht umsorgte er die Pflanze, doch es half nichts. So nahm er zum Schluss seine geliebte Sonnenblume und grub ihr in der Nähe der Höhle die letzte Ruhestätte in den Boden einer Waldlichtung. Es nahte der Winter und der Bär legte sich müde und traurig in der Höhle nieder, verstand er doch nicht das Hinscheiden seiner Liebsten. Die Natur überzog den Bären mit einem tiefen Winterschlaf und in seinen Träumen war er der Sonnenblume sehr nahe. Nach einem kalten Winter folgte der Frühling und das Leben erwachte, so auch unser Bär. Doch mit dem Erwachen zog auch die Wehmut wieder ein. Weder die Farbenpracht der Blumen noch der Gesang der Vögel konnte ihn aufheitern. So verblieb er in der Höhle und ging nur hinaus um Essbares zu suchen.

Eines Tages wurde er von dem Gefühl beseelt, die letzte Ruhestätte seiner Sonnenblume aufzusuchen. Er machte sich auf und als er die Lichtung betrat, traute er seinen Augen nicht: Fünf Sonnenblumen wuchsen an der Grabesstelle aus dem Boden, eine schöner als die andere. Sie wogen sich in der leichten Brise des Windes und es schien, als winkten sie dem Bären zu. Und je näher er ihnen kam, desto mehr ließ er die Traurigkeit und Wehmut hinter sich.

© Detlef Thiele



Diese Geschichte habe ich von einer ganz lieben Bekanntschaft geschenkt bekommen. Ich finde sie so lieb und sie regt auch zum Nachdenken an. Das sollte man hin und wieder. Bilder und Fotos schauen ist eine schöne Sache - einfach kurz und bündig. Aber mal ein paar Zeilen lesen, tut auch ab und zu gut!

Ich lade Dich ein, diese kleine Geschichte zu lesen. Sie wird Dir ganz bestimmt gefallen!

Ein schönen Tag wünscht DIR/EUCH von Herzen

Eure Renate

7 Kommentare:

Wienermädel + Co hat gesagt…

Wie recht du hast, liebe Renate, ein bisschen innehalten und nachdenken!

Ingja (Blueswoman) hat gesagt…

Liebe Renate, eine sehr schöne Geschichte, die ich gerne gelesen habe.

Ich wünsche Dir einen schönen Tag!

Liebe Grüsse
:-)

lichtundliebe-blog.de hat gesagt…

Liebe Renate, das ist eine wahrhaft schöne und nachdenkliche Geschichte, für die ich DIR sehr danke. Das wäre auch eine schöne Geschichte für "Irene Wolk" und ihren Online-Geschichten-Blog. Was meinst du ?
Ich wünsche dir einen schönen Feiertag.
Von Herzen
Doris

Lemmie hat gesagt…

Liebe Renate!
Eine sehr schöne Geschichte. So etwas lese ich immer wieder gerne.
Morgen werde ich kaum auf die Straße gehen können, mein Mann hat seit heute hohes Fieber, ich bin also als Krankenschwester eingesetzt.
Einen schönen Feiertag für euch
Lemmie

Nadelmasche hat gesagt…

Hallo Renate,

ich kann mich hier nur anschließen, die Geschichte ist wunderschön.

Ich wünsche Dir noch eine schöne restliche Woche.

Viele liebe Grüße von Nadelmasche

Dies und Das vom Neckarstrand hat gesagt…

Liebe Renate,
die Geschichte ist in der Tat wunderschön. Sie regt wahrlich zum Nachdenken an. Und sie macht uns klar, daßalles vergänglich ist.
Liebe Grüße
Irmi

Martha hat gesagt…

danke liebe Renate,

endlich schaue ich hier wieder mal rein und gebe dem auch Ausdruck. Lieben Dank sage ich Dir für Eine auch so lieben Schafe *freu*
Ja ich freue mich wirklich ab den Schäfchen und ja auch hier bei uns ist Fronleichnam, also Feiertag und ich geniesse einwenig das Nixtun.

Sei ganz lieb gegrüsst und danke !!

Martha