Montag, 6. August 2012

Rosen für OMA

Ein Rosenstrauß für Oma


Zögernd betrat ein kleines Mädchen den Laden von Frau Krause. Und zögernd blieb es mitten in dem kunterbunt mit Blumen, Kräutern, duftigen Seifen, Ölen, Kerzen und Kräutertees ausgestatteten Raum stehen. Es schloss die Augen, drehte sich langsam mehrfach um sich selbst und schnupperte. Tief, langsam, andächtig fast, atmete es ein und aus. Es war, als sammelte es all die Düfte, die sich in Frau Krauses Laden zu einer harmonischen, süßen Mischung vereinten, in diesen wenigen Atemzügen in sich auf. Noch ein tiefes Einatmen, ein zufriedenes Seufzen, dann blickte das Mädchen auf.

"Rosen!", sagte es. "Ich suche Rosen für Oma. Schöne Rosen. Die schönsten, die Sie haben."
"Gerne!" Frau Krause trat zu den Zinkkübeln, in denen die Rosen auf Käufer warteten. "Welche Farbe hast du dir vorgestellt? Rote Rosen zum Beispiel sind Botschafter der Liebe und Zuneigung und ..."

Das Mädchen schüttelte den Kopf. "Die Farbe ist nicht wichtig. Oma soll sich freuen."
"Und deine Oma hat keine Lieblingsfarbe?", erkundigte sich Frau Krause vorsichtig.
"Nein."
"Dann schlage ich dir einen bunten Rosenstrauß vor." Frau Krause zeigte auf die Rosen in ihrem Angebot. "Darüber wird sich deine ..."
"Nein." Es klang lauter nun, dieses Nein.

Frau Krause war ein bisschen ratlos. "Magst du dir die Blumen selbst aussuchen?"
Das Mädchen nickte. Es trat vor die Kübel und Vasen, ganz nahe, dann schloss es die Augen, schnupperte, schüttelte den Kopf, schnupperte weiter und weiter, schließlich nickte es.

"Diese da!", sagte es zufrieden und deutete auf einen Eimer mit Rosen, deren Blütenblätter etwas eingerollt waren und die nicht so schön aussahen. Es waren Rosen, die Frau Krause in ihrem Garten geschnitten hatte, um ihre Blätter zu trocknen für ihre Tees und Duftwässerchen.

"Diese Rosen möchtest du haben? Sie sind eigentlich nicht zum Verkauf gedacht."
"Sie sind aber die schönsten", widersprach das Mädchen.
"Wirklich?" Frau Krause sah das kleine Mädchen verwundert an. "Du hast sie erwählt, weil sie dir leid tun?", rätselte sie.

"Nein. Weil sie am schönsten duften. Darum", antwortete das Mädchen. "Meine Oma kann Blumen nämlich nur mit der Nase sehen und mit den Händen. Sie ist blind."

© Elke Bräunling

Dieser getrocknete Rosenstrauß liegt auf einem uralten Buch. Es ist das Konfirmationsbuch, das mein Urgroßvater (also der Opa meines Vaters) seinem Enkel geschenkt hat mit einem handschriftlichen Eintrag.
Das ist eine Seite aus einem Schulbuch meines Vaters, der in Berlin zur Schule ging! Darinnen habe ich schon als kleines Mädchen gelesen; ganz besonders die Gedichte! Beide Bücher hüte ich SEHR - sie sind ein Schatz für mich!


Ich wünsche Euch einen frohen Wochenbeginn!
Wenns mal nicht so toll ist, dann wünsche ich in allem gute Besserung!

Herzlich Eure
RENATE

10 Kommentare:

die3kas hat gesagt…

Eine nette Geschichte. Ich dachte erst das Mädel wäre blind...
Oma war es jedoch, genau da müssen Rosen riechen. Hast du mal an den Blumen die letzte Zeit geschnuppert? Da riecht kaum noch etwas. Letztes Jahr hatte ich ein paar Rosen vom Aldi.
Ich hatte nur rote gekauft, doch es kamen nur gelbe *gg* aber die hatten einen wahnsinnigen Duft, einfach schön!
Leider sind sie im Winter eingegangen und es hat nur eine einzige überlebt und sie riecht kaum noch...
Hüte die Bücher gut, das sind so schöne Erinnerungen, die man in jungen Jahren gar nicht zu schätzen weiss. Für mich war das früher alter Plunder *schäm* heute tut mir das leid.
Aber ich habe von meinen Eltern bzw. Grosseltern kaum bzw. keine Dinge die es zu beschützen gibt. Vll. bekomme ich noch einmal etwas von meinen Eltern. Nicht von Wert, sondern von innerem Wert ;-)

Ich wünsche dir eine gute Woche und hoffentlich geht es dir wieder gut. Ich schicke dir einen lieben Gesundknuddel, der wird auf dich aufpassen.

Liebe Grüsse ♥
kkk

Lemmie hat gesagt…

Liebe Renate!
Eine sehr schöne Geschichte. Ich mag auch Rosen, die duften ganz besonders gerne.
Lieben Gruß
Poldi

Elisabeth Palzkill hat gesagt…

Liebe Renate,

eine Geschichte zum Nachdenken.

Alles Gute

Elisabeth

Erika hat gesagt…

Das Lied von der Glocke ist mir gleich ins Gesicht gehüpft. Warum?
Eine schöne Kindheitserinnerung. Mein Papa hat bei der Arbeit im Kuhstall oft Balladen aufgesagt, unter anderem auch Die Glocke. das hat mich immer sehr fasziniert.

Die Geschichte vom Mädchen mit den Rosen für Oma finde ich Herz allerliebst.

Renate, könnte ich mir diese Geschichte ausdrucken?

Liebe Grüsse - Erika

Engelchen hat gesagt…

Ein wunderschöne Geschichte und traumhaft schöne Fotos liebe Renate.
Es kommt nicht immer nur auf die äußere Schönheit an.
Liebe Montagsgrüße
Christel

Anonym hat gesagt…

Liebe Renate,
dein Headerbild ist wunderschön! Auch die Fotos. Da hast du wirklich einen Schatz, den du behüten kannst. Ich habe auch noch alte Dokumente mit der schönen Süterlin Schrift. Als ich eingeschult wurde, wurde sie nicht mehr geschrieben, aber ich habe meine Oma gebeten, sie mir beizubringen. Sie schrieb mir dann alle Groß und Kleinbuchstaben auf und so lernte ich dann das Schreiben. Kann sie auch noch einigermaßen lesen, wenn sie nicht zu unleserlich geschrieben ist. Bei den alten Dokumenten musste ich meine Tante beim Übersetzen bitten.

Schön zu erfahren, dass dein Vater auch schon Gedichte schrieb. Dann hast du seine poetische Ader geerbt. Wie schön!

Dir noch einen schönen Tag.
Liebe Grüße, Anke

karl hat gesagt…

schöne Geschichte,
lg
karl

Anonym hat gesagt…

Ich fühle mich zu tiefst berührt.....herzliche Grüße Luise-Lotte....

Gerti Kurth hat gesagt…

Liebe Renate,
immer wieder bewundere ich deine kreative Seite, die sich immer wieder verändert, immer wieder wunderschöne Geschichten, Gedichte und Erzählungen hervorbringt.
Ich schaue immer gerne herein.
Liebe Grüße
Gerti

Anonym hat gesagt…

Dazu fällt mir das Lied von Grönemeyer ein: Sie mag Musik nur, wenn sie laut ist.
Das habe ich gestern noch gehört, das berührt mich auch immer wieder.
Dieses Kind wußte, was die Oma braucht.
Eine so schöne Geschichte, liebe Renate,
ganz liebe Grüße an dich
deine Bärbel