In den Herzen derer zu leben, die wir zurücklassen, heißt nicht zu sterben.
Nicht nur an diesen Tagen denke ich an meine Lieben, die mir vorausgegangen sind - es ist aber seit jeher eine Tradition,
die mich an diesen Tagen auf den Friedhof gehen lässt. Es ist ein sehr besinnlicher und auch feierlicher Tag für mich. Wenn auch meine Eltern und fast alle Vewandten - außer meine Schwiegereltern - nicht hier im Saarland die letzte Ruhe
gefunden haben, so zünde ich an diesen Tagen Kerzen an und bin mit den Gedanken ganz fest bei ihnen, wo immer sie sein mögen!
In Erinnerung an einen abendlichen Spaziergang über den heimatlichen Friedhof vor Jahren, habe ich heute diese Zeilen geschrieben:
Allerheiligen
Tausende Lichter leuchten beruhigend schön und malen dabei gespenstische Schatten auf Kreuze und Grabsteine. Ein leichter Wind lässt die müd’ gewordenen Blätter sachte auf die Erde schweben. Es ist ihre letzte Reise. Während ich langsam an den vielen Gräbern vorbei gehe, raschelt das schon dürr gewordene Laub unter meinen Füßen. Stille umgibt mich – eine fast unheimliche Stille, die mich ein bisschen die Ewigkeit fühlen lässt.
Hier, wo wir alle einmal die letzte Ruhe finden werden, gibt es keine Hektik, keinen Lärm, keine Sorgen und keine Schmerzen. Hier kann ich abschalten, den Erinnerungen nachhängen und an all’ die Lieben denken, die uns schon vorausgegangen sind.
Ich kann in dieser Stille über den Sinn des Lebens nachdenken und mir tief im Inneren bewusst werden, dass es so wichtig ist, dass ich jeden Augenblick intensiv wahrnehmen sollte, der mir Freude bringt und der mir gut tut. Ich sollte dankbar sein für alles, das mir auf meinem Lebensweg begegnet.
Nicht nur für die guten Tage, auch für manches Leid, das mir widerfahren ist, sollte ich danken, denn auch dieses hat mich reifer gemacht. Durch den Wechsel von schönen und trüben Stunden bin ich zu dem Menschen geworden, der ich heute bin. Es ist mir vollkommen klar, dass unser Leben aus Schatten und Licht besteht. Wir alle gehen den gleichen Weg, der irgendwann hier sein Ziel gefunden hat.
Ich schau’ noch einmal über das Lichtermeer – meine Seele ist ruhig und ich gehe langsamen Schritts auf das schmiedeeiserne Tor zu, das ich leise hinter mir schließe.
Auf dem Tor kann ich lesen: Der Tod ist das Tor zum Leben.
© Renate Harig 30.10.2013
Zünde ein kleines Licht an. Das ist viel besser, als über die Dunkelheit zu klagen.