Seppl wurde von meiner Tochter Birgit - damals 14-jährig - gezeichnet! Ist er nicht süß? |
Tulpensetzen ist Teamarbeit
Ja, so war es tatsächlich! Seppl, ein süßer
schwarzer Langhaardackel, ging mit dem Opa spazieren - und nicht umgekehrt. Opa
machte fast nur das, was sein vierbeiniger Freund wollte, und das gerne. Zog
Seppl nach links, dann ging Opa eben links weiter, zog er nach rechts, dann
änderte Opa die Richtung. Ja, Opa und sein Hund waren überall bekannt. Ein
liebenswertes Gespann!
Hatte Seppl etwas angestellt, dann konnte Opa schon
mal energisch werden. Seppl merkte dann ganz genau, dass es an der Zeit war,
unters Sofa oder unter den Küchentisch zu verschwinden. Sicher ist sicher! Opas
Stimme verriet dem kleinen Kerl ziemlich sicher, dass etwas nicht o.k. war. Da
nützte es dann auch für kurze Zeit wenig, wenn er reumütig aus seinem Versteck
hervor kroch, seinen zu Herzen gehenden Dackelblick einsetzte und zusätzlich
noch mit seiner Handbürste - wie sein Schwanz liebevoll genannt wurde -
wedelte. Opa war dann schon mal etwas verstimmt, aber niemals lange! Es kam
auch äußerst selten vor. Meist war Oma diejenige, die Seppl in die Schranken
verwies und vor Oma hatte er großen Respekt.
Einmal, es war die Zeit, in der die Tulpenzwiebeln
gesetzt werden mussten. Nicht ein paar, nein viele. Opas zweite Leidenschaft
nach Seppl war sein Garten. Seine Blumen, die in großer Vielfalt und Schönheit
im Garten erblühten, waren sein ganzer Stolz. Jeder, der an Opas Garten vorüber
kam, erfreute sich an dieser bunten Pracht.
Also, Opa hatte sich ein Stückchen Arbeit
vorgenommen an jenem Tag. Er setzte geduldig und mit großer Hingabe eine
Zwiebel nach der anderen. Sehr viele hatte Opa nun schon unter die Erde
gebracht. Seppl beobachtete dies längere Zeit von der Treppe aus. Sicherlich
konnte er gar nicht verstehen, dass sein Herrchen so gar nicht nach ihm fragte
und allem Anschein nach keine Zeit für ihn hatte. So beschloss er, Opa bei
seiner Arbeit zu helfen. Leise schlich er sich in den Garten und begann hinter
Opa zielstrebig mit seiner „Arbeit“! Eine Tulpenzwiebel nach der anderen
buddelte er wieder aus der Erde und stupste sie mit seiner Nase in Position, so
dass fast alle Setzlinge nach einer Weile fein säuberlich in Reih und in Glied
wieder auf der Erde lagen, in eben solchen Abständen, wie Opa sie zuvor gesetzt
hatte.
Da Opa in seine Arbeit so vertieft war und sich im
Geist ganz bestimmt schon vorgestellt hatte, wie schön die Tulpen im kommenden
Frühling blühen würden, hatte er den eifrigen Seppl auch gar nicht bemerkt.
Erst als Oma zum Essen rief, sah sie die Bescherung
und rief mit einem drohenden Unterton „Seppl, was machst du da? Mach’, dass du
herkommst!“ Da hörte Seppl sofort mit seiner für ihn so wichtigen Tätigkeit auf
und schlich, weil er wusste, mit Oma konnte man nicht spassen, langsam, ganz
langsam die Treppe hoch. Er schlich so langsam, dass man glauben konnte, seine
Hinterbeine wären gelähmt vor Schreck. Als er dann in Omas Nähe war, kratzte er
die Kurve und fuhr wie der Blitz in die letzte Ecke des Sofas. Dort verbrachte
er eine ziemlich lange Zeit und kam erst wieder hervor, als Oma aus dem Haus
war und zur Gesangstunde in den Pfarrsaal ging.
Opa hatte sich auch sehr geärgert und dem Seppl mit
erhobenem Zeigefinger gedroht und versucht, ganz furchtbar böse zu schauen -
aber Seppl hatte gespürt, dass Opas Zorn wieder verraucht war und dass man
jetzt schon wieder mit leisen Hin -und Herbewegungen der Handbürste und dem
dazugehörigen einnehmenden Blick Opas Herz gezielt treffen konnte. Damit hatte
er Opa auch bald wieder umgestimmt und dieser kraulte ihn zärtlich hinter den
Ohren und meinte: „Na, Seppelchen, dann werden wir morgen gleich wieder die
Tulpen neu setzen, was meinst du?“
Ja, er hatte richtig gehört, Opa hatte ihn
tatsächlich gefragt, ob er wieder mithelfen würde. Er durfte mit in den Garten.
Aber an der Leine, in gehörigem Abstand gesichert, durfte er dieses Mal nur
zusehen. Nach getaner Arbeit aber ging Seppl zum Ausspannen mit Opa in den Wald
spazieren.
Als Opa starb, ist Seppl ihm ein paar Tage später
gefolgt. Sein kleines Hundeherz ist vor Heimweh gebrochen. Ich werde beide nicht vergessen - niemals - Opa und
sein Seppl haben ein Plätzchen in meinem Herzen gefunden.
(c) Renate Harig
- 2001
Seppl ist mit seiner "Arbeit" zufrieden! Opa hat die Tulpen wieder eingesetzt und sie sind wunderbar erblüht! |